Stuttgart 21 – Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg

Ein Bericht von Alexander Schopf, Kreispressesprecher

Bei der Informationsveranstaltung zum Thema Stuttgart 21 des FDP Ortsverbands Strohgäu konnte Ortsvorsitzende und Landtagskandidatin für den Wahlkreis Vaihingen Viola Noack am 9. November 2010 im Nebenraum des Restaurants Linde in Ditzingen Dr. Matthias Werwigk, Dipl.-Volkswirt und Stuttgarter Alt-Stadtrat begrüßen, der zum hochaktuellen Thema Stuttgart 21 – Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg referierte. Begrüßen konnte sie neben vielen Gästen auch Bärbel Wagner, Zweitkandidatin zur Landtagswahl und Dr. Wolfgang Weng, den Ehrenvorsitzenden des Ortsverbands Strohgäu.

Dr. Matthias Werwigk stieg in seinen Vortrag gleich mit dem Thema Kosten für Stuttgart 21 ein. Um die 7 Mrd. Euro ginge es insgesamt, inklusive Neubaustrecke Stuttgart-Ulm, so Werwigk und verglich diese Zahl mit anderen Bauwerken der Bahn, so kostete alleine der Lehrter Bahnhof mit Südkreuz in Berlin 10 Mrd. Euro, die im Bau befindliche Trasse Nürnberg – Erfurt – Halle ca. 8 Mrd. Auch habe die Bahn momentan ein Investitionsvolumen von 85 Mrd. vor sich. Die Summe von 7 Mrd. sei eine große, es gehe um viel Geld, aber um Ausgaben, die über 10 Jahre gestreckt würden, denen eine Nutzungsdauer des Bahnhofs von gut 100 Jahren gegenübersteht, was alles ungemein relativiert. Zudem sei zur Einordnung der Dimension auch nicht zu übersehen, dass Baden-Württemberg im Laufe der Bauzeit gute 30 Mrd. Euro in den Länderfinanzausgleich zahlen wird. Bei der Höhe der Kosten komme hinzu, dass die Untertunnelung von Gebirge teurer kommt, als etwa ein Bahnbau in der Lüneburger Heide. Baden-Württemberg sei die Region in Deutschland, die eine extrem schlechte Verkehrsinfrastruktur habe. Ein Autobahnausbau sei aus topografischen Gründen kaum möglich, also könne zur Verbesserung der Infrastruktur und aus Umweltschutzgedanken nur ein Bahnausbau erfolgen.

Stuttgart ist von der Fläche her die größte Großstadt Deutschlands, zudem ist nur 50 % der Fläche bebaut, weshalb Stuttgart auch so viel Grün hat. Der FDP war es immer sehr wichtig, etwas gegen die Zersiedelung etwas tun. Diese Möglichkeit, qualitativ hochwertigen Wohnraum für die Menschen in der Stadt zu schaffen, damit diese nicht ins Umland ziehen müssen und lange Anfahrten haben, besteht nun durch die Bebauung der Gleiswüste, so Werwigk weiter. Im Wahlkampf 1996, Schuster gegen Schlauch, waren die Grünen erst für S21, dann wieder dagegen. 1997 gab es ein großes öffentliches Bürgerbeteiligungsverfahren mit 7 Arbeitsgruppen – nicht im stillen Kämmerlein. In 1998 folgte dann der Wettbewerb, bei dem 10 Entwürfe eingereicht wurden, wovon nur zwei Entwürfe Seitenflügel hatten. Und die Crème de la Crème der Stuttgarter Architektenschaft stimmte einstimmig für den Ingenhoven-Entwurf ohne Seitenflügel! Auch Frei Otto, der nun plötzlich dagegen ist. 11.000 Einsprüche von Bürgern wurden bearbeitet, die Detailfragen von 2004-2006 geklärt, so wurde etwa in Wangen für viel Geld auf Wunsch der Bürger die Baustellenausfahrt geändert.

In den letzten Jahren hätten sich ganz neue Fragestellungen ergeben, wie bspw. Feinstaub oder die neue Lärmschutzverordnung aus Brüssel. Entlang von Autobahnen und Bahnlinien herrsche die höchste Lärmbelästigung. Lärm gehe nach oben, weshalb gerade im Neckartal die Züge unter der Erde müssten. Auch kommen sie bei S21 erst wieder da raus, wo der Lärm unerheblich ist. Die Gegner hätten das vollkommen abseits gestellt. Und bei S21 ginge es gerade mal um 10 Jahre Bauzeit, wogegen das S- und U-Bahnnetz seit 30 Jahren gebaut werde. Durch das hätte es größere Eingriffe gegeben, als durch S21, da es nur eine kleine Baustelle am Hauptbahnhof gebe und sonst nichts, wo der Tunnel gebohrt werde. „Die bestehenden Tunnel in Degerloch, zum Flughafen etc. stehen auch noch. Die Gegner behaupten immer, dass die neuen Tunnel aufschwimmen werden. Die Ingenieure schütteln dagegen mit dem Kopf. Die Stadtbahn verläuft eine Etage und die S-Bahn zwei Etagen tiefer als der geplante Bahn-Tunnel und S-Bahn- und Stadtbahn-Tunnel sind in Jahrzehnten nicht aufgeschwommen!“ so Werwigk.

Auch prangerten die Gegner die Reduzierung auf acht Gleise an. Momentan lägen fünf Zufahrtsstrecken für 16 Bahnsteige, wobei zwei davon S-Bahn-Strecken sind. Aber genau diese Zufahrtsstrecken seien der limitierende Faktor, eine Behinderung, da Züge das Gleisvorfeld blockierten, wenn sie einfahren. Über 12 Züge pro Gleis seien momentan bei der S-Bahn in der Stunde normal, wobei es beim Bahnsteig oben unter zwei Zügen pro Gleis seien, genau 26 pro Stunde. Die Zufahrtsstrecken sollen mit S21 auf acht erhöht werden, was die Leistungsfähigkeit enorm steigert.

Werwigk führte aus, warum Stuttgart 21 nur für den Personenverkehr geplant wäre: Bei der Streckenführung beim Güterverkehr bestünde nämlich überhaupt kein Handlungsbedarf. Die Kapazität des Güterverkehrs werde aber dennoch erhöht, da ja für den Personenverkehr bisher reservierte Schienen dazukämen. Das von den Gegnern ins Feld geführte Argument, dass S21 für den Güterverkehr nichts bringen würde, stimme daher nicht.

Mit Erteilung der Baugenehmigung von 2006 habe die Bahn den roten Punkt. Die Planungen der Gegner seien gleichteuer oder teurer. Zudem müsse der Ausgleich in Höhe von 1,4 Mrd. Euro bei Ausstieg beachtet werden. Ein Planfeststellungsverfahren dauere gute 10 Jahre, die Abwicklung von S21 gute 5 Jahre. Dann wäre erst ein Neustart möglich. „K21 ist eine völlige Illusion. Es müssten viel mehr Bäume im Park weg, das Filstal würde eine neue Schnellbahntrasse bekommen und schon jetzt kann man da von den Regionalzüge aus den Leuten in die Teller gucken. Allein der Lärmschutz würde eine Eindeckelung des Bahnhofs oder gar die komplette Tieferlegung der Schienen erforderlich machen.“ Dies seien vollkommen unnötige Belastungen, die die Gegner den Bürgern zumuten wollten.

Werwigk erinnerte auch an die Zustimmung der Grünen zu Stuttgart 21 unter der Regierung Schröder. Auch berichtete er, dass die Grünen in Stuttgart froh darüber gewesen waren, als die Diskussion abgeschlossen war, aber dann kam eine Kreismitgliederversammlung der Grünen, auf der Wölfle die Losung ausgab, das Thema bei Kommunalwahl und Landtagswahl hochzukochen, um Stimmen zu holen. Matthias Werwigk schloss mit den Worten, dass in der Finanzkrise zusätzlich eine gewisse Skepsis gegenüber Großvorhaben entstanden sei. „Ein Projekt wie Stuttgart 21 zieht aber das Fünffache der Bausumme an weiteren Investitionen nach sich und es ist allemal besser, Arbeitsplätze zu schaffen als Arbeitslosigkeit zu verwalten!“

Alexander Schopf

Pressesprecher

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