Der Kreisausschuss der FDP, das politische Gremium zwischen den Mitgliederversammlungen, hat sich jetzt mit der Flüchtlingskrise beschäftigt und pragmatisches politisches Handeln vor Ort gefordert. „Die Entscheidungen in der Flüchtlingspolitik werden in Berlin gefällt. Egal, ob man mit allen einverstanden ist oder nicht, gilt vor Ort: Zu uns kommen Menschen aus Kriegsgebieten, denen wir helfen müssen“, sagt FDP-Kreisvorsitzender Kai Buschmann.
Björn Vetter, Referatsleiter beim DRK-Landesverband Baden-Württemberg, berichtete über die Problemstellungen, mit denen sich das Rote Kreuz konfrontiert sieht. Insbesondere Feldbetten sind zu einer Mangelressource geworden, aber auch bei Hygienesets und Schlafsäcken kommt es immer wieder zu Engpässen bei den Lieferanten. Immer öfter müsse seitens des Landes improvisiert werden. So sind stellenweise anstatt Feldbetten bereits einfache Matratzen auf den Boden gelegt worden. Normalerweise liefere das Rote Kreuz Feldbetten und anderes Material weltweit in Katastrophengebiete. Nun habe das DRK Hilfslieferungen des US-Amerikanischen und Kanadischen Roten Kreuzes in Form von 15.000 Feldbetten erhalten. „Bei Erstaufnahmeeinrichtungen wie z.B. Messehallen, die lediglich für wenige Wochen betrieben werden können, können wir keine Etagenbetten aufstellen“ erklärt Vetter. Hierfür brauche man weiterhin Feldbetten, die innerhalb kurzer Zeit von Ehrenamtlichen aufgebaut und auch wieder abgebaut werden können. Dass das Land Baden-Württemberg zwar große Vorhaltungen im Bereich der medizinischen Notfallversorgung im Katastrophenschutz getroffen habe, nicht aber für den Bereich der Massenunterbringung von Menschen, räche sich jetzt. Dennoch ist der Katastrophenschutz in Baden-Württemberg weiter sichergestellt, so Björn Vetter. Die Fahrzeuge und das Material des Landes in den Einsatzeinheiten des Bevölkerungsschutzes kämen allenfalls kurzfristig zum Einsatz, die Ausstattung wird aber nicht zur Unterbringung genutzt.
Großen Respekt zollen Kai Buschmann und Björn Vetter gegenüber den tausenden von ehrenamtlichen Helfern, die sich in den Flüchtlingsunterkünften engagieren. Das gleiche gilt auch für die Arbeitgeber, die vielfach ihre Mitarbeiter unbürokratisch und kurzfristig freistellen.
Die Lösung der Flüchtlingskrise liege nicht im kommunalen Bereich. Die Fluchtursachen müssten bereits in den Herkunftsländern bekämpft werden. In den Kommunen kann aber aus Fehlern der Vergangenheit gelernt werden: Wenn jetzt ein „zweites Pattonville“ im Landkreis gefordert würde, um den schon jetzt bestehenden Mangel an preiswertem Wohnraum, der durch die unterzubringenden Flüchtlinge noch gesteigert würde, zu entschärfen, dann sei das der falsche Weg, sind sich die Freidemokraten sicher. „Wir brauchen keine Konzentration der Flüchtlinge in Wohnbauschwerpunkten, sondern integrationsfördernden sozialen Wohnungsbau. Das Ziel muss sein, die Flüchtlinge in normalen Wohngebieten unterzubringen und eine Durchmischung zu erreichen. Wir müssen die Flüchtlinge in die Fläche bringen“, argumentiert der FDP-Landtagskandidat Roland Zitzmann aus Vaihingen. Für ihn bedeutet Konzentrierung auch Ghettoisierung. Jetzt müssten die Flächenreserven der Städte und Gemeinden aktiviert werden. Die kommunalen Wohnbaugesellschaften seien gefordert. FDP-Regionalrat Kai Buschmann hofft, dass die Region ihre restriktive Flächenpolitik mindestens vorübergehend aussetzt: „Die Region ist mitverantwortlich für die Wohnungsnot, da sie in ihren Bevölkerungsprognosen die Zuwanderung unterschlagen habe und im Regionalplan von einer stagnierenden Bevölkerung ausgegangen ist. Das ist nun sowieso alles Makulatur.“
Die Freien Demokraten im Landkreis danken der Bevölkerung für ihr großes Engagement und ihre Menschlichkeit. Von den Politikern vor Ort erwarten sie kluges Vorgehen, um die positive Grundstimmung nicht zu gefährden. In Stuttgart sei schon zu beobachten, wie die Stimmung in einzelnen Stadtteilen kippe, nachdem das Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum verkündet und die vermehrte Belegung von Turnhallen vollzogen wurde. „Wir erwarten hier ein kluges und abgewogenes Vorgehen der Kommunalpolitiker und Stadtverwaltungen. Zweckentfremdungsverbot in Stuttgart oder gar Enteignungsandrohung wie in Bremen seien Mittel, um die Bevölkerung aufzubringen. „Unbedingt vermeiden“, sagt die Kreis-FDP und wirbt für ausgiebige Gespräche mit potenziellen Vermietern bei der Anschlussunterbringung in den Städten und Gemeinden: Viele mögliche Vermieter hätten Angst vor der Überbelegung von leeren Wohnungen durch die Kommunen. Wenn diese Angst genommen werde, seien mehr Menschen auch bei der Zurverfügungstellung von Wohnraum hilfsbereit.
Klar ist für die Freien Demokraten auch, dass der Bund die finanzielle Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme in Deutschland übernehmen müsse. „Es kann nicht sein, dass enorme Kosten an den Kommunen hängenbleiben. Dass neuerdings 13.260 € pro Flüchtling in die Kreiskasse fließen, sei zu begrüßen. Wahrscheinlich decke das die Kosten aber weiterhin nicht. „Die Kommunen dürfen nicht im Regen stehen gelassen werden. Auch hier gilt das so genannte Konnexitätsprinzip „Wer bestellt, bezahlt“, so die Freien Demokraten.